Salzwissen

Salz im Ayurveda

1 Jul, 2022

In ayurvedischen Texten ist Steinsalz als "saindhava lavana” (सैन्धव लवण) bekannt, das heißt Indussalz. Davon leitet sich ab das heute gebräuchlichere "Sendha namak" oder Sendha-Salz. Es ist auch bekannt unter  den Namen "Lahori namak" (Salz aus Lahore) oder Sendori.
Als "bestes aller Salze" wurde Bergsalz in den ayurvedischen Schriften von den Alten Indern gepriesen und zwar gleichermaßen als Gewürz, wie auch als Heilmittel. Im Unterschied zu Meersalz muß es nicht an der Sonne getrocknet werden und erzeugt dadurch weniger Hitze im Körper. Daher wird es von allen Gemütern gut vertragen. Salz besteht aus den Elementen Feuer und Wasser, was beispielsweise die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) auch so sah. Gemäß dem Ayurveda ist jedes Gemüt ebenso aus verschiedenen Elementen aufgebaut. Der Schleimer aus Erde und Wasser, der Windling (वातज) aus Luft und Äther, und der Galler – gleich dem Salze – aus Feuer und Wasser. So kann man sich leicht denken, daß die, durch die Sonne zugeführte Hitze bei der Salzproduktion in Meersalzsalinen, dem Galler zuviel wird, weil der ja auch aus Feuer und Wasser besteht. Dieser Schluß muß freilich auch für Siedesalz gelten. Welches Gemüt ihre Gäste haben, ist freilich den wenigsten Wirten bekannt; mit Steinsalz kann der Koch aber nichts falsch machen, weil alle Typen es gut vertragen, und er damit immer richtig liegt.
Meersalz (Seesalz, Sal marinum) wird im Ayurveda generell als minderwertig gegenüber dem Bergsalz gesehen. Ein Grund neben dem oben erwähnten, ist sicherlich der, daß früher Meersalz einen bitterlichen Geschmack auswies, infolge des starken Gehaltes an Bittersalzen im Meerwasser. Erst seit cirka hunderzwanzig Jahren ist man in der Lage, durch ein besonderes Verfahren, Meersalz zu gewinnen, welches keine Bittersalze mehr enthält.
Wegen den enthaltenen Bittersalzen war Meersalz zudem stark hygroskopisch, das heißt wasseranziehend, wodurch es sich besser zum Auftauen von Eis eignete als Bergsalz, da es stärker Wasser anzog als dieses. Eine solche Meersalzlösung erstarrte selbst bei starker Kälte nicht. Bergsalz hingegen ist auch hygroskopisch wegen der darin in geringen Mengen enthaltenen anderen Salze, die wasseranziehend wirken. Kristallsalz hingegen ist zu hundert Prozent reines Natriumchlorid. Es enthält keine anderen Salze, ist daher auch nicht hygroskopisch und bleibt auch in feuchten Räumen trocken, soweit freilich die Luftfeuchtigkeit nicht 74 Prozent überschreitet.

Der tibetische Arzt Pasang Yonten Arya verweist in seinem Buch "Handbuch aller Heilmittel der Traditonellen Tibetischen Medizin" (2001) auf die Hindu-Mythologie, gemäß der das Bergsalz aus den Körperflüssigketen der Götter entstanden sei: das weiße stamme von Herrn Schiva und das rote von dessen Gemahlin. Schon in den Nullerjahren hatte ich Professor Arya angeschrieben und ihn gefragt, wie denn die entsprechende Hindu-Quelle heißt, aber die konnte er mir leider nicht nennen. Falls Sie, lieber Leser, darüber Bescheid wissen sollten, in welcher indischen Schrift das steht, bitte schreiben Sie uns, darüber wären wir sehr dankbar! Interessant ist nämlich schon, daß in der tibetischen Materia Medica recht ausführlich über die verschiedenen Salzarten und ihre Wirkung geschrieben wird.