Salzwissen

Das Salzgebirge, Salzgewinnung im Salzgebirge und Salzbaustoffe

6 Jul, 2022

Eine Betrachtung

von Dinesh L. Gmeiner

Das Salzgebirge ist ein dreihundert Kilometer langer Mittelgebirgszug zwischen den beiden Flüssen Indus und Dschelam im Norden der pakistanischen Provinz Pandschab. Im Salzgebirge erfolgt die Salzgewinnung bergmännisch im sogenannten Kammerbauverfahren und zwar mittels Sprengtechnik. Das Haufwerk selbst wird händisch auf Anhänger und Laster verladen.

Inhalt

1. Das Salzgebirge                                       
2. Salzgewinnung im Salzgebirge                                       
3. Salzbaustoffe

Das Salzgebirge

Das Salzgebirge (auch Salzkette oder Salzberge) ist ein durchschnittlich knapp siebenhundert Meter über dem Meer gelegener und etwa dreihundert Kilometer langer Mittelgebirgszug zwischen den beiden Flüssen Indus und Dschelam im Norden der pakistanischen Provinz Pandschab (englische Schreibweise: Punjab), was bedeutet Fünfstromland. Der Dschelam ist der westlichste der fünf großen Flüsse, deren Wasser sich alle letztendlich in den Indus ergießen.

Das Salzgebirge hat seinen Namen von bis zu mehreren hundert Meter mächtigen Steinsalzlagern von überaus hoher Qualität. Je nach Lage und Bergwerk ist die Reinheit des Salzes ein wenig verschieden, aber immer sehr hoch: in Khewra zum Beispiel liegt der durchschnittliche Salzgehalt bei 98 Prozent, in Kalabagh bei 96 und in Wartscha bei 98. Das Rohsalz kann direkt nach der Zerkleinerung als Tafelsalz angeboten werden. Aufgrund der hohen Reinheit läßt es sich aber auch sehr gut durchleuchten. Daher und wegen seiner Schönheit ist insbesondere das rote Bergsalz für die Herstellung von zu hinterleuchtenden Salzprodukten wie Salzlampen und Salzsteinen für den Bau von Salzwänden hervorragend geeignet.

Schon die Alten Inder haben im Salzgebirge Salz abgebaut und das bereits vor Jahrtausenden. Die Gründe liegen, neben dem hohen Reinheitsgrad des Salzes, an den sehr großen Vorkommen und an der leichten Zugänglichkeit. An vielen Stellen schaut dort das Salz einfach so heraus, ähnlich wie in den Salzstöcken Siebenbürgens in Rumänien. Einen Stollen dort aufzufahren war auch in alten Zeiten, allein der Bewetterung wegen, vergleichsweise einfach, weil man nicht senkrecht einen Schacht abteufen muß, sondern nur waagerecht in den Berg hineingräbt. Nachfolgend ein Film mit herrlichen Luftaufnahmen des Salzgebirges rund um Khewra und auch exzellente Bilder vom Inneren des Salzberges:


 

 

Der alte indische Sanskritname für Steinsalz ist denn auch ein Hinweis auf den Ort, „saindhava lavana” (सैन्धव लवण) bedeutet übersetzt Industalsalz oder Indussalz. Weil der Abbau relativ einfach war und in großen Mengen schon im Altertum erfolgen konnte, holten die Alten Inder all ihr Steinsalz aus dem Salzgebirge, welches in Pakistan heute "Kohistan-i-namak" genannt wird (Urdu: کو ہستان نمک, englische Schreibweise: Kohistan E Namak). Namensgeber dieses persischen Namens soll Babur (1483-1530) gewesen sein, der erste Moghul-Kaiser Indiens (Persisch war die Hofsprache der Moghule). "Kohistan" heißt Land der Hügel und "namak" Salz, also Land der Salzhügel.                                       
Der Münchner Entdecker und Bergsteiger Adolph von Schlagintweit (1829-1857) bereiste 1857 das Salzgebirge und verwendet diesen Namen in seinem Reisebericht ↗. So ist er auch zum Beispiel im Dierke-Atlas zu finden. Ob es sich um eine Übersetzung aus dem Urdu-Wort direkt ins Deutsche handelt, läßt sich schwer sagen. Es könnte durchaus sein, daß es sich um eine Übersetzung handelt aus dem von den Engländern verwendeten Wort "salt range", was ja wiederum "Kohistan-i-namak" ins Englische übersetzt bedeutet. Die Briten hatten Indien zwar zweihundertfünzig Jahre lang beherrscht, den Pandschab selbst aber erst 1849 erobert. Daher begann die britische Steinsalzgewinnung in Indien auch sehr spät, nämlich erst 1870 in Khewra – allerdings auf höchstem, der damaligen Zeit entsprechenden, industriellem Niveau. Die Engländer errichteten mehrere Bergwerke im Salzgebirge, beziehungsweise erweiterten bestehende und versahen sie mit entsprechender Infrastrukutur. Viele ihrer Gebäude, Brücken, Geleise, ja sogar Hunte sind heute noch erhalten. In der Bergarbeiterstadt Khewra (auch Kheura, Kheora, bei Schlagintweit Kiúra ↗, Urdu:کھیوڑہ ) findet sich sogar noch eine von den Engländern verwendete Schräme, welche aber leider nicht mehr in Verwendung ist. Die pakistanische Form der Salzgewinnung heute im Salzgebirge ist technologisch gesehen, hinter der damaligen britischen anzusiedeln. Das erklärt auch, warum man dort kaum Bergmännische Kunst bestaunen kann, ganz im Gegensatz zur Zeit Britisch-Indiens. In den vierziger Jahren gab es dort – neben der Schräme – sogar schon einen vollautomatischen Kreiselkipper für die Förderwagen. In diesem historischen Film kann man das schön sehen:

 

 

Heutzutage sind Traktoren mit Anhängern und Lastwagen im Einsatz, abgesehen freilich vom Besucherbergwerk in Khwera, wo man mit einer elektrischen Grubenbahn in den Stollen einfährt.                                       

Das Wort "Salzgebirge" hat im Deutschen aber zugleich eine Doppelbedeutung, weil der Bergmann Bodenschätze wahlweise benennt als Erzgebirge, Kohlengebirge oder eben als Salzgebirge ↗. Ein "Bergmann" arbeitet "unter Tage" in einem "Bergwerk", was beides aus der Bergmannsprache kommt. Ein Berg oder ein Gebirge muß für ihn nicht zwangsläufig an der Oberfläche herausschauen, denn für ihn zählen die Bodenschätze im Berg. Ob ein Berg über die Erde ragt, ist für die Bergleute völlig unerheblich. Die zahlreichen Kohlenzechen im Ruhrgebiet oder auch das niederrheinische Salzbergwerk in Borth sprechen da für sich, weil "über Tage" ist dort alles schön flach.

Salzgewinnung im Salzgebirge

Im Salzgebirge erfolgt die Salzgewinnung bergmännisch im sogenannten Kammerbauverfahren. Dabei werden langgestreckte und hohe Abbaukammern hergestellt und dazwischen läßt man Pfeiler stehen, welche das darüber liegende Deckgebirge stützen. Das Salz ist so stabil, daß es sich selbst trägt und deshalb keine zusätzliche Abstützung erforderlich ist, wie beispielsweise im Kohlengebirge oder im Erzbergbau. So gibt es generell in Salzbergwerken riesige Hallen zu bestaunen, zum Beispiel die berühmte kolumbianische Salzkathedrale im Salzbergwerk von Zipaquirá, unweit der Hauptstadt Bogota. Auch im Besucherbergwerk von Khewra im Salzgebirge kann man eine achtzig Meter hohe Kaverne besichtigen. Der folgende kurze Film gibt einen guten Eindruck über die Salzförderung im Salzgebirge:

 

 

Der eigentliche Abbau erfolgt in Pakistan noch mit viel Handarbeit, aber nicht mehr mit Schlägel und Eisen (⚒), wie vor der Einführung der Sprengtechnik: 

Ratschenbohrer vor Ort, Bergwerk Wartscha, Salzgebirge, 2008
Ratschenbohrer vor Ort, Bergwerk Wartscha, Salzgebirge, 2008

Mit einem einfachen, etwa anderthalb Meter langen, Ratschenbohrer – von zwei Bohrhauern bedient – werden in bestimmten Abständen sechs Löcher von Hand ins Salz gebohrt. Das geht auch sehr gut, weil Steinsalz ein weiches Gestein (Mohshärte 2) ist und dauert etwa eine Viertelstunde pro Bohrung. Anschließend werden die Bohrlöcher mit in Zeitungspapier eingewickeltem Schwarzpulver gefüllt. Während des Schießens gehen die Bergleute um die Ecke an einen sicheren Ort und der Schießmeister zündet die Sprengladungen. Es explodiert eine nach der anderen, so daß man mitzählen kann. Wenn die sechste Explosion erfolgt und sich der Pulverdampf gelegt hat, kehren die Kumpel zurück und beginnen mit dem Berauben der Firste, dem Entfernen loser Gebirgsteile, die nicht fest mit der Decke verbunden sind. Im Salzgebirge erfolgt auch das per Hand mit Brechstangen. Wahrlich kein Anblick für einen deutschen Berufsgenossenschaftler! Wenn da ein Löser vom First kracht! Im Schaubergwerk von Khewra kann man sogar eine Kanone bestaunen, die extra für  diesen Zweck eingesetzt worden sein soll.

Mörserkanone im Besucherbergwerk Khewra, Salzgebirge, 2004
Mörserkanone im Besucherbergwerk Khewra, Salzgebirge, 2004

Jedenfalls beginnt danach das mühevolle Aufklauben der Salzbrocken und deren Verladung in einen von einem Traktor gezogenen Anhänger. Das so gewonnene Salz wird aus der Grube gefahren und an anderer Stelle entsprechend weiter verarbeitet.

>Händische Verladung des Haufwerks, Grube Wartscha, Salzgebirge, 2008
Händische Verladung des Haufwerks der Grube Wartscha, Qaidabad, Salzgebirge, 2008. Im Hintergrund sieht man die für das Salzgebirge typische rote Tonerde, deren Bestandteil Eisenoxid auch dem roten Steinsalz seine Färbung verleiht.

Im Salzgebirge wird jedoch neben Festsalz auch Sole gewonnen und zwar für die große Sodafabrik in Khewra. Die Solebecken schimmern türkisfarben und lassen sich aus der Luft gut erkennen.

Salzbaustoffe

Für die Herstellung von Tafelsalz wird das Rohsalz entsprechend zerkleinert und in verschiedene Körnungen gemahlen. Hierfür wird Weißsalz, Rotsalz und Klarsalz gleichermaßen verwendet. Für andere Salzprodukte, wie Salzlampen und Teelichthalter, sowie Salzbaustoffe wie Salzziegel, Salzfliesen und dergleichen, benutzt man zum größten Teil Rotsalz. Zur Herstellung von Salzlampen, Teelichthaltern und Lecksteinen werden mit Säulenbohrmaschinen die entsprechenden Löcher in die Salzsteine gebohrt. Salzziegel, Salzblöcke, Salzriegel und Salzfliesen werden an für Marmor und Granit gedachten Steinsägen entsprechend zugeschnitten und an Schleifmaschinen auf Maß geschliffen. Salzbruchsteine, die man zum Bau eine Natursalzwand braucht, werden in Handarbeit mit einem Hammer in verschiedene Größen geklopft.

Weil Salz beim Abbau zerkleinert wird und der größte Teil als Ausgangsstoff zur Herstellung von Kunststoffen und chemischen Produkten dient, ist hier hauptsächlich die chemische Zusammensetzung von Bedeutung. Seit den neunziger Jahren jedoch wird Bergsalz verwendet als Dekoration für die Herstellung von Salzlampen und seit den Nullerjahren auch als Baustoff zur Fertigung von Salzziegeln. Damit ist es plötzlich von großer Bedeutung, wie der rohe Salzstein aussieht. Ob er Kristallsalzeinschlüsse hat, weil das vielleicht Sollbruchstellen sind oder Toneinschlüsse, welche dem Stein ein einzigartiges Muster verleihen, Maßerung und Struktur, sowie freilich die verschiedenen Farbtöne spielen jetzt eine entscheidende Rolle. Enthält der Stein womöglich Bittersalz, das später zu unschönen Ausblühungen führen könnte? Die Rottöne zusammen mit den verschiedenartigen Strukuren gäben eine ganze Palette verschiedener noch zu benennender Salzsorten. Vielleicht wird es in Zukunft eine entsprechende Klassifikation für Salzbaustoffe geben wie bei Marmor. Man kennt den Carrara aus Italien, den Thassos aus Griechenland oder den Estremoz aus Portugal, jeder sehr eindeutig vom anderen zu unterscheiden. Weil der Baustoff Steinsalz fast immer durchleuchtet wird, spielen freilich seine Färbungen eine sehr wichtige Rolle, beziehungsweise seine Farblosigkeit wie beim Kristallsalz oder seine Trübung beziehungsweise seine Milchigkeit. Richtige Blöcke aus einem Einzelkristall sind jedoch sehr selten (siehe die Kristallgrotte in Merkers) und finden daher auch keine Verwendung als Baustoff.

Die Salzgewinnung im Salzgebirge erfolgt mittels Sprengtechnik, welche darauf angelegt ist, das Salz schon vor Ort möglichst klein zu machen, weil es ja größtenteils ohnehin zerkleinert wird. Für die Salzbaustoffe ist diese Abbaumethode freilich nicht ganz ideal, denn dadurch geht viel zu Bruch. Das Salz wird enormen Drücken ausgesetzt und oft zerbricht es an Stellen, die mit einer sanfteren Abbaumethode ganz geblieben wären. Als in der Renaissance im italienischen Cararra der Marmorabbau durch Sprengen mit Schwarzpulver anfing, stieg gleichzeitig der Ausschuß auf ein Drittel der Produktion. Diese Halden von nicht weiterverarbeitbarem Marmor kann man heute noch dort sehen. Viel zuviel guter Marmor ging einfach in Brüche. Daher wird heute der Marmor mit riesigen Seilsägen in großen Blöcken herausgeschnitten. Diese Blöcke werden anschließend mit Gattersägen in dünne Scheiben gesägt, welche schließlich von Steinmetzen je nach Bedarf einfach weiter zerteilt werden können. So oder so ähnlich müßte auch das Bergsalz welches für die Herstellung von Baustoffen vorgesehen ist, abgebaut werden. Freilich in kleinerer Dimension, weil die Gewinnung erfolgt ja unter Tage.                                       

Man könnte also erst mal damit beginnen, entsprechend größere Stücke rauszusprengen, sozusagen als Vorstufe. Damit bräuchte man aber dann schon die entsprechende Hebetechnik. Aber dafür gibt es diese Flaschenzüge auf Dreifüßen, wie sie Steinmetze in aller Welt einsetzen. Aber das eigentliche Problem, welches beim Sägen entsteht, wäre damit noch nicht gelöst. Denn so ein großer Brocken Bruchsalz hat ja keine gerade Fläche und entsprechend wackelig liegt er beim Schneiden da, was zu großen Ungenauigkeiten führt. Wenn das jetzt aber ein großer Würfel wäre, rausgeschnitten mit einer kleinen Seilsäge, dann ließe der sich auch viel einfacher schneiden. Nicht gleich so groß wie in Italien, nein viel kleiner, vielleicht mit 50 Zentimeter Kantenlänge. Der wöge immerhin schon 275 Kilo, bei einem Meter Kantenlänge wären es bereits achtmal so viel: 2,2 Tonnen! Als nächstes würde dann eine entsprechend dimensionierte Gattersäge diese Salzblöcke in Scheiben schneiden und daran im Anschluß kämen dann wieder die jetzt verwendeten Steinsägen zum Einsatz. Dadurch wären dann auch größere Platten möglich. Denn bis jetzt ist die Größe durch den zu sägenden Bruchstein begrenzt. Serienmäßig bieten wir von Pramodan & Dinesh beispielsweise eine Salzplatte mit den Maßen 30 x 20 x 5 Zentimeter an. Es lassen sich zwar immer mal aus einem Findling noch größere Scheiben rausschneiden, aber das ist die Ausnahme. Mit der oben beschriebenen Abbaumethode könnte es die Regel werden und größere Platten mit ununterbrochener Musterung angeboten werden.